Baukosten steuern – Kostentreiber kennen
Fachartikel HEV

Baukosten steuern – Kostentreiber kennen

    Kostenmanagement – Die Kosten stehen bei Bauvorhaben oft im Zentrum. Gemeint sind nicht nur die Planungs- und Erstellungskosten, sondern die gesamten Lebenszykluskosten. Damit diese nicht aus dem Ruder laufen, gilt es, beim Planen und Bauen einige Punkte zu beachten.

     

    Vitruv war ein römischer Architekt und Ingenieur, der im ersten Jahrhundert vor Christus lebte und in seinen «Zehn Büchern über die Architektur» unter anderem folgende drei Hauptanforderungen an die Qualität von Architektur respektive daraus resultierender Bauten stellte: Firmitas (Festigkeit), Utilitas (Nützlichkeit) und Venustas (Schönheit). Er forderte, dass allen drei Kategorien gleichermassen und gleichwertig Rechnung getragen werde. Bei Bauvorhaben spielen jedoch in der Regel die Termine und Kosten eine mindestens ebenso wichtige Rolle wie die Qualität. Die Kosten werden dabei wesentlich von den Qualitäts- und Terminzielen bestimmt. Zudem weist jede Phase eines Bauvorhabens ihre typischen Kostentreiber auf.

     

    PROJEKTDEFINITION
    Kosten können in den frühen Projektphasen am stärksten beeinflusst werden (vgl. Grafik unten). Daher sind ganz am Anfang die Vorstellungen zu Kosten, Terminen und Qualität zu klären, vor allem aber auch zu gewichten. Es sollte von Beginn an klar sein, wie wichtig die Kosten – z. B. durch Festlegen eines Kostendachs inklusive Reserven – im Verhältnis zu Qualität und Terminen sind. Sind die Prioritäten einmal gesetzt, ist das Bauvorhaben entsprechend zu formulieren. Tiefe Kosten erreichen und gleichzeitig eine vergoldete Fassade wollen, passt nun einmal nicht zusammen. Zu den Kostentreibern, die schon in der Projektdefinition berücksichtigt werden, gehört zunächst einmal die schiere Grösse respektive der Gesamtumfang des Bauvorhabens. Was braucht man wirklich? Insbesondere bei Umbauten ist früh zu klären, welche Eingriffe welche Folgearbeiten mit sich bringen. Unschön ist es, wenn man am Ende der Planung feststellen muss, dass aus dem geplanten Küchenumbau ein umfassendes Projekt mit Sanierung schadstoffbelasteter Bauteile und zwingend auszuführender energetischer Massnahmen aufgrund von Auflagen geworden ist. Sind die Kostenziele definiert, sollte sich auch der Ausbaustandard von Anfang an daran orientieren. Neben den inneren Oberflächen wie Böden, Wänden und Decken betrifft dies auch die Ausstattung der Küchen und Bäder sowie den angestrebten Installationsgrad eines Gebäudes oder Gebäudeteils. Eine sorgfältige Bedürfnisformulierung hinsichtlich Nutzungsdauer, Komfort, Energieverbrauch, Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufwand oder künftiger Anpassungsflexibilität stellt die Weichen für die anstehende Planung.

     

    PLANUNG
    Bei Neubauten kann der Rohbau bis zu 45 Prozent der Gesamtkosten exklusive Land ausmachen. Durch wirtschaftliche Lösungen können die Kosten spürbar beeinflusst werden. Insbesondere gilt dies für die Form der statischen Konzepte, für die Materialisierung der Tragstruktur wie auch für den Aufbau der Gebäudehülle (Fundament, Fassade, Dach). Bei Umbauten steuert man die Rohbaukosten unter anderem durch eine geschickte Wahl der abzubrechenden Elemente. Es lohnt sich zum Beispiel, keine unnötig weiten Spannweiten bei neuen Wandöffnungen vorzusehen.
    Wurden auch die Anforderungen an die Gebäudetechnik sauber formuliert, erkennt man bereits im frühen Planungsstadium, welche Lösungsansätze am geeignetsten sind. Dies führt in der Regel letztlich auch zu vernünftigen und kostengünstigen Gesamtkonzepten. Zudem ist es sinnvoll, für gewisse Entscheidungen bereits in der Planungsphase ausgewiesene Fachpersonen wie beispielsweise Bauleiter und Kostenplaner beizuziehen. Diese verfügen über wertvolles Wissen zu Kennzahlen, möglichen Kostenabhängigkeiten und zur Marktsituation im Baugewerbe.
    Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, ist letztlich auch darauf zu achten, dass die Planenden ändernden Vorschriften frühzeitig Rechnung tragen. Dadurch lassen sich zeitintensive und teure Umplanungen vermeiden. Auch der Baugrund und die Bausubstanz müssen ausreichend geprüft werden. So können zum Beispiel erforderliche Schadstoffsanierungen, ein Ersatz von Bauteilen oder statische Massnahmen frühzeitig erkannt werden. Auch zu prüfen ist, ob die Pläne selbst hinsichtlich Detaillierung eine phasengerechte Qualität aufweisen. Und weiss der Unternehmer anhand der Pläne und Beschriebe, was er zu tun hat? Sind die vorgeschlagenen Baumaterialien, Konstruktionen und Detaillösungen technisch korrekt, so dass sie sich auf der Baustelle sinnvoll umsetzen lassen und sich im Gebrauch bewähren? All dies abzuklären hilft, um Nachforderungen von Unternehmern und Kosten durch spätere Bauschäden zu vermeiden. Zudem sollten kostentreibende Projektrisiken frühzeitig erkannt sowie aktiv angegangen werden – hier ist an mögliche Einsprachen, Konflikte mit Nachbarn oder Schäden am Eigentum Dritter zu denken.

     

    SUBMISSION UND AUSFÜHRUNG
    Während der Submission – gemeint ist damit die Ausschreibung der Bauleistung sowie das Einholen, Bereinigen und Vergleichen von Offerten mit Vergabeempfehlung – zeigt sich, ob sich die Bemühungen der vorangegangenen Phasen ausbezahlt haben. Die Angebotspreise werden jedoch noch von anderen Faktoren bestimmt: Schreibt man die Arbeiten in Ferienzeiten aus, erhält man unter Umständen nur wenige Angebote. Sind Unternehmer beispielsweise aus saisonalen Gründen ausgelastet, resultieren tendenziell höhere Preise. Dasselbe gilt, wenn Arbeiten unter Zeitdruck vergeben werden müssen. Ist man zu starr auf ein bestimmtes Produkt fixiert, verpasst man allenfalls die Chance, ein gleichwertiges und preiswerteres Produkt zu erhalten.
    Sind die Vergaben getätigt und die Verträge geschlossen, kann mit der Ausführung begonnen werden. Hier werden die Kosten vor allem durch zur Unzeit gewünschte Projektänderungen der Bauherrschaft und durch nicht erkannte Probleme beim Baugrund oder der Bausubstanz beeinflusst. Kosten durch Umplanungen und Verzögerungen sind deshalb zu vermeiden. Stimmten Materialwahl und Konstruktionsart, können die Folgekosten in der Nutzungsphase, die zum Teil 50 Jahre und mehr dauert, vor allem durch eine gute Ausführungsqualität gesteuert werden.

     

    DIE GESAMTSICHT ZÄHLT
    Wie eingangs erwähnt, können die Lebenszykluskosten – also Planungs-, Ausführungs- und spätere Nutzungskosten – grundsätzlich in allen, vor allem aber in den frühen Projektphasen beeinflusst werden. Wichtig sind hierfür eine seriöse und weitsichtige Projektdefinition, eine saubere und stufengerechte Planung, eine geschickte Ausschreibung der Arbeiten, ein adäquates Qualitätsbewusstsein sowie das Vermeiden von Änderungswünschen zur Unzeit. Mit dem Blick fürs Ganze wird man diesen umfassenden Anforderungen am besten gerecht.

     

    Fachartikel als PDF:  HEV 15/2017

    Fachartikel HEV

    Baukosten steuern – Kostentreiber kennen

      Kostenmanagement – Die Kosten stehen bei Bauvorhaben oft im Zentrum. Gemeint sind nicht nur die Planungs- und Erstellungskosten, sondern die gesamten Lebenszykluskosten. Damit diese nicht aus dem Ruder laufen, gilt es, beim Planen und Bauen einige Punkte zu beachten.

       

      Vitruv war ein römischer Architekt und Ingenieur, der im ersten Jahrhundert vor Christus lebte und in seinen «Zehn Büchern über die Architektur» unter anderem folgende drei Hauptanforderungen an die Qualität von Architektur respektive daraus resultierender Bauten stellte: Firmitas (Festigkeit), Utilitas (Nützlichkeit) und Venustas (Schönheit). Er forderte, dass allen drei Kategorien gleichermassen und gleichwertig Rechnung getragen werde. Bei Bauvorhaben spielen jedoch in der Regel die Termine und Kosten eine mindestens ebenso wichtige Rolle wie die Qualität. Die Kosten werden dabei wesentlich von den Qualitäts- und Terminzielen bestimmt. Zudem weist jede Phase eines Bauvorhabens ihre typischen Kostentreiber auf.

       

      PROJEKTDEFINITION
      Kosten können in den frühen Projektphasen am stärksten beeinflusst werden (vgl. Grafik unten). Daher sind ganz am Anfang die Vorstellungen zu Kosten, Terminen und Qualität zu klären, vor allem aber auch zu gewichten. Es sollte von Beginn an klar sein, wie wichtig die Kosten – z. B. durch Festlegen eines Kostendachs inklusive Reserven – im Verhältnis zu Qualität und Terminen sind. Sind die Prioritäten einmal gesetzt, ist das Bauvorhaben entsprechend zu formulieren. Tiefe Kosten erreichen und gleichzeitig eine vergoldete Fassade wollen, passt nun einmal nicht zusammen. Zu den Kostentreibern, die schon in der Projektdefinition berücksichtigt werden, gehört zunächst einmal die schiere Grösse respektive der Gesamtumfang des Bauvorhabens. Was braucht man wirklich? Insbesondere bei Umbauten ist früh zu klären, welche Eingriffe welche Folgearbeiten mit sich bringen. Unschön ist es, wenn man am Ende der Planung feststellen muss, dass aus dem geplanten Küchenumbau ein umfassendes Projekt mit Sanierung schadstoffbelasteter Bauteile und zwingend auszuführender energetischer Massnahmen aufgrund von Auflagen geworden ist. Sind die Kostenziele definiert, sollte sich auch der Ausbaustandard von Anfang an daran orientieren. Neben den inneren Oberflächen wie Böden, Wänden und Decken betrifft dies auch die Ausstattung der Küchen und Bäder sowie den angestrebten Installationsgrad eines Gebäudes oder Gebäudeteils. Eine sorgfältige Bedürfnisformulierung hinsichtlich Nutzungsdauer, Komfort, Energieverbrauch, Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufwand oder künftiger Anpassungsflexibilität stellt die Weichen für die anstehende Planung.

       

      PLANUNG
      Bei Neubauten kann der Rohbau bis zu 45 Prozent der Gesamtkosten exklusive Land ausmachen. Durch wirtschaftliche Lösungen können die Kosten spürbar beeinflusst werden. Insbesondere gilt dies für die Form der statischen Konzepte, für die Materialisierung der Tragstruktur wie auch für den Aufbau der Gebäudehülle (Fundament, Fassade, Dach). Bei Umbauten steuert man die Rohbaukosten unter anderem durch eine geschickte Wahl der abzubrechenden Elemente. Es lohnt sich zum Beispiel, keine unnötig weiten Spannweiten bei neuen Wandöffnungen vorzusehen.
      Wurden auch die Anforderungen an die Gebäudetechnik sauber formuliert, erkennt man bereits im frühen Planungsstadium, welche Lösungsansätze am geeignetsten sind. Dies führt in der Regel letztlich auch zu vernünftigen und kostengünstigen Gesamtkonzepten. Zudem ist es sinnvoll, für gewisse Entscheidungen bereits in der Planungsphase ausgewiesene Fachpersonen wie beispielsweise Bauleiter und Kostenplaner beizuziehen. Diese verfügen über wertvolles Wissen zu Kennzahlen, möglichen Kostenabhängigkeiten und zur Marktsituation im Baugewerbe.
      Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, ist letztlich auch darauf zu achten, dass die Planenden ändernden Vorschriften frühzeitig Rechnung tragen. Dadurch lassen sich zeitintensive und teure Umplanungen vermeiden. Auch der Baugrund und die Bausubstanz müssen ausreichend geprüft werden. So können zum Beispiel erforderliche Schadstoffsanierungen, ein Ersatz von Bauteilen oder statische Massnahmen frühzeitig erkannt werden. Auch zu prüfen ist, ob die Pläne selbst hinsichtlich Detaillierung eine phasengerechte Qualität aufweisen. Und weiss der Unternehmer anhand der Pläne und Beschriebe, was er zu tun hat? Sind die vorgeschlagenen Baumaterialien, Konstruktionen und Detaillösungen technisch korrekt, so dass sie sich auf der Baustelle sinnvoll umsetzen lassen und sich im Gebrauch bewähren? All dies abzuklären hilft, um Nachforderungen von Unternehmern und Kosten durch spätere Bauschäden zu vermeiden. Zudem sollten kostentreibende Projektrisiken frühzeitig erkannt sowie aktiv angegangen werden – hier ist an mögliche Einsprachen, Konflikte mit Nachbarn oder Schäden am Eigentum Dritter zu denken.

       

      SUBMISSION UND AUSFÜHRUNG
      Während der Submission – gemeint ist damit die Ausschreibung der Bauleistung sowie das Einholen, Bereinigen und Vergleichen von Offerten mit Vergabeempfehlung – zeigt sich, ob sich die Bemühungen der vorangegangenen Phasen ausbezahlt haben. Die Angebotspreise werden jedoch noch von anderen Faktoren bestimmt: Schreibt man die Arbeiten in Ferienzeiten aus, erhält man unter Umständen nur wenige Angebote. Sind Unternehmer beispielsweise aus saisonalen Gründen ausgelastet, resultieren tendenziell höhere Preise. Dasselbe gilt, wenn Arbeiten unter Zeitdruck vergeben werden müssen. Ist man zu starr auf ein bestimmtes Produkt fixiert, verpasst man allenfalls die Chance, ein gleichwertiges und preiswerteres Produkt zu erhalten.
      Sind die Vergaben getätigt und die Verträge geschlossen, kann mit der Ausführung begonnen werden. Hier werden die Kosten vor allem durch zur Unzeit gewünschte Projektänderungen der Bauherrschaft und durch nicht erkannte Probleme beim Baugrund oder der Bausubstanz beeinflusst. Kosten durch Umplanungen und Verzögerungen sind deshalb zu vermeiden. Stimmten Materialwahl und Konstruktionsart, können die Folgekosten in der Nutzungsphase, die zum Teil 50 Jahre und mehr dauert, vor allem durch eine gute Ausführungsqualität gesteuert werden.

       

      DIE GESAMTSICHT ZÄHLT
      Wie eingangs erwähnt, können die Lebenszykluskosten – also Planungs-, Ausführungs- und spätere Nutzungskosten – grundsätzlich in allen, vor allem aber in den frühen Projektphasen beeinflusst werden. Wichtig sind hierfür eine seriöse und weitsichtige Projektdefinition, eine saubere und stufengerechte Planung, eine geschickte Ausschreibung der Arbeiten, ein adäquates Qualitätsbewusstsein sowie das Vermeiden von Änderungswünschen zur Unzeit. Mit dem Blick fürs Ganze wird man diesen umfassenden Anforderungen am besten gerecht.

       

      Fachartikel als PDF:  HEV 15/2017