Das Fertighaus – fertig gedacht!
Man kennt es: Im ganzseitigen Inserat wird der Haustraum, ähnlich wie bei anderen Konsumgütern, als «Ware» zum Festpreis angeboten. 390 000 Franken alles inklusive, im Sinne von «heute bestellen, morgen einziehen». Doch ist es wirklich so einfach?
Dass der obige Preis kein Grundstück beinhaltet, wird auch den meisten Laien schnell einmal klar. Zudem sind oft auch die Kosten für ein Untergeschoss in Massivbauweise inklusive Aushubarbeiten und die Umgebungsgestaltung nicht darin eingeschlossen. Doch einiges mehr gilt es zu beachten.
SCHNELL, EINFACH UND GÜNSTIG?
Wer sich als Bauherrschaft wenigstens von einem Teil der zahlreichen Detailplanungsaufgaben, die beim frei geplanten, sogenannten «Architektenhaus» anfallen, sowie den damit zusammenhängenden Überwachungs- und Kontrollaufgaben entlasten möchte, ist versucht, sich am Markt der Fertighäuser oder auch Norm- und Typenhäuser umzusehen. Was darunter zu verstehen ist, lässt sich angesichts der Vielfalt an Bezeichnungen (Elementhaus, Leichtbauhaus, Normhaus, Systemhaus, Typenhaus u. a.) nicht abschliessend definieren, weil die typischen Merkmale vom einen zum andern Haustyp und Hersteller oft stark variieren.
Eine Gemeinsamkeit all dieser Häuser sollte aber sein, dass sie nach den anerkannten «Regeln und Normen der Baukunde» (z. B. SIA-Normen) und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen bereits einmal oder mehrmals in der Schweiz erstellt und auch erprobt wurden. Oft kann ein Prototyp sowohl als Modell als auch als Musterhau im Massstab 1:1 besichtigt werden und es existiert eine vollständige Dokumentation, bestehend aus Plänen, Baubeschrieb (Standard ausführung), Preis angaben, Fotos und Referenzen. Ob die Beratung bei der Suche nach Bauland ebenfalls zum Dienstleistungspaket gehört, muss im Einzelfall abgeklärt werden – dabei ist zu vereinbaren, was eine solche Beratung kostet.
Das Fertighaus bietet den Vorteil einer kurzen Bauzeit in Trockenbauweise, das heisst eine mehrheitliche Vorfabrikation im «trockenen» Werk. Die Auswahl erfolgt aus einem umfang reichen Angebot von Grundtypen und Varianten. In beschränktem Umfang sind auch individuelle Gestaltungswünsche möglich – hierbei ist aber zu beachten, dass dieser verlockende Individualismus meist auch Kosten nach sich zieht, die den eingangs erwähnten Festpreis schnell einmal stark relativieren.
Oft liegt der Planung und Gestaltung ein vorgegebenes Raster zugrunde. Je nach Hersteller und Region werden ortsansässige Unternehmer und Handwerker berücksichtigt. Darin unterscheidet sich das Norm- oder Typenhaus vom Fertig haus, bei dem üblicherweise die wesentlichsten Bauteile in einem Werk industriell vorgefertigt und direkt auf der Baustelle montiert werden.
Je häufiger ein Haustyp erstellt wurde, desto grösser ist das Erfahrungs potenzial und damit der kostenwirksame Rationalisierungseffekt Unzulänglich keiten und Risiken reduzieren sich ent sprechend. Von diesen Vorteilen und dem möglichen Erfahrungsaustausch mit früheren Bauherrschaften können im Idealfall sowohl der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer profitieren.
Mit der Wahl des Grundstücks sind gleichzeitig auch die örtlich geltenden Bewilligungs auflagen (Ausnützung,Grenzabstände, Geschosshöhe, Dachform u. a.) hinsichtlich deren Vereinbarkeit mit dem favorisierten Haustyp abzuklären. Der Grundriss soll die persönlichen Anforderungen unter Beachtung der Himmels richtung und dem gewünschten Bezug zum Aussenraum berücksichtigen. Auch ist der Einordnung ins Quartier und gewissen architektonischen Grundsätzen Beachtung zu schenken. Letzteres
wird in der Branche oft sträflich vernach lässigt. Ein Haus hat eine nicht zu unterschätzende räumliche Auswirkung auf ein Quartier. Bei der Wahl des Haustyps ist man demnach als verantwortungs volle Bauherrschaft nicht einfach frei, sondern es sind nebst den baurechtlichen auch die räumlichen, visuellen Vorgaben des Grundstücks und der näheren Umgebung mit einzubeziehen.
TU-VERTRAG
Für die Erstellung eines Norm-, Typen- oder Fertighauses wird in der Regel ein sogenannter Totalunternehmervertrag (beinhaltet im Unterschied zum General unternehmer vertrag sämtliche Bauleistungen inkl. Planung)
abgeschlossen. Darin müssen insbesondere folgende Punkte klar und unmissverständlich geregelt werden:
- Preis (Grundpreis, Sonderwünsche, Änderungsmodalitäten
und Konditionen, Teuerungsregelung u. a.) - Baunebenkosten (Finanzierung, Versicherungen, Umgebungsarbeiten, Abgaben, Gebühren, Steuern)
- Termine, Zahlungsbedingungen, Eigenleistungen, Garantien usw.
- Absicherung von Vorauszahlungen (Anzahlungsgarantien)
- Absicherung gegen Nichterfüllung des Vertrages (Ausführungsgarantien), Bauhandwerkerpfandrechte (Verträge/Garantien)
- Absicherung gegen Terminüberschreitungen (Konventionalstrafen) u.a.
Wenn diese wichtigen Vertragsbestandteile mit einem qualifizierten Hersteller als Vertragspartner sauber definiert werden, kann ein Norm- oder Typenhaus eine echte Alternative zum Architekten haus darstellen. Klug ausgeschöpfte Rationalisierungs möglich keiten bringen in der Regel auch preisliche Vorteile.
Bei der Gesamtkostenermittlung, den sogenannten Anlagekosten, ist zu beachten, dass die Baunebenkosten, je nach Angebot und Hersteller, meist einen relativ hohen Anteil im Verhältnis zum Grundpreis ausmachen können. Um einen tatsächlichen Kostenvergleich zwischen verschiedenen Angeboten und konsequenterweise auch zu einem konventionell erstellten Architektenhaus herzustellen, sind folgende Punkte zu beachten:
- Lieferungs- und Leistungsumfang
- Art und Qualität der Konstruktionen, Verarbeitungsqualität
- Vollständigkeit und Standard der Ausstattung
- Eigenleistungen wie z. B. Kelleraushub, Malerarbeiten, Bodenbelagsarbeiten
- Umgebungsarbeiten, Baustelleninstallation usw.
- Erfüllung der eigenen Vorstellungen und Wünsche, architektonischer Anspruch
Ein Festpreis sollte nur unter der Voraussetzung umfassend geklärter Rahmenbedingungen als verbindlich vereinbart werden. Besichtigen Sie ein Musterhaus oder, noch wichtiger, sprechen Sie mit anderen Käufern. Nicht zuletzt empfiehlt sich auch beim Fertighaus der Beizug eines unabhängigen Baufachexperten, der insbesondere für den Vergleich zwischen einzelnen Optionen und bei der Überprüfung der vollständigen Vertrags unterlagen vor deren Unterzeichnung wertvolle Hilfe bieten kann.
Text: Pascal Lutz
Fachartikel als PDF: Traumhaus 1/2011
Das Fertighaus – fertig gedacht!
Man kennt es: Im ganzseitigen Inserat wird der Haustraum, ähnlich wie bei anderen Konsumgütern, als «Ware» zum Festpreis angeboten. 390 000 Franken alles inklusive, im Sinne von «heute bestellen, morgen einziehen». Doch ist es wirklich so einfach?
Dass der obige Preis kein Grundstück beinhaltet, wird auch den meisten Laien schnell einmal klar. Zudem sind oft auch die Kosten für ein Untergeschoss in Massivbauweise inklusive Aushubarbeiten und die Umgebungsgestaltung nicht darin eingeschlossen. Doch einiges mehr gilt es zu beachten.
SCHNELL, EINFACH UND GÜNSTIG?
Wer sich als Bauherrschaft wenigstens von einem Teil der zahlreichen Detailplanungsaufgaben, die beim frei geplanten, sogenannten «Architektenhaus» anfallen, sowie den damit zusammenhängenden Überwachungs- und Kontrollaufgaben entlasten möchte, ist versucht, sich am Markt der Fertighäuser oder auch Norm- und Typenhäuser umzusehen. Was darunter zu verstehen ist, lässt sich angesichts der Vielfalt an Bezeichnungen (Elementhaus, Leichtbauhaus, Normhaus, Systemhaus, Typenhaus u. a.) nicht abschliessend definieren, weil die typischen Merkmale vom einen zum andern Haustyp und Hersteller oft stark variieren.
Eine Gemeinsamkeit all dieser Häuser sollte aber sein, dass sie nach den anerkannten «Regeln und Normen der Baukunde» (z. B. SIA-Normen) und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen bereits einmal oder mehrmals in der Schweiz erstellt und auch erprobt wurden. Oft kann ein Prototyp sowohl als Modell als auch als Musterhau im Massstab 1:1 besichtigt werden und es existiert eine vollständige Dokumentation, bestehend aus Plänen, Baubeschrieb (Standard ausführung), Preis angaben, Fotos und Referenzen. Ob die Beratung bei der Suche nach Bauland ebenfalls zum Dienstleistungspaket gehört, muss im Einzelfall abgeklärt werden – dabei ist zu vereinbaren, was eine solche Beratung kostet.
Das Fertighaus bietet den Vorteil einer kurzen Bauzeit in Trockenbauweise, das heisst eine mehrheitliche Vorfabrikation im «trockenen» Werk. Die Auswahl erfolgt aus einem umfang reichen Angebot von Grundtypen und Varianten. In beschränktem Umfang sind auch individuelle Gestaltungswünsche möglich – hierbei ist aber zu beachten, dass dieser verlockende Individualismus meist auch Kosten nach sich zieht, die den eingangs erwähnten Festpreis schnell einmal stark relativieren.
Oft liegt der Planung und Gestaltung ein vorgegebenes Raster zugrunde. Je nach Hersteller und Region werden ortsansässige Unternehmer und Handwerker berücksichtigt. Darin unterscheidet sich das Norm- oder Typenhaus vom Fertig haus, bei dem üblicherweise die wesentlichsten Bauteile in einem Werk industriell vorgefertigt und direkt auf der Baustelle montiert werden.
Je häufiger ein Haustyp erstellt wurde, desto grösser ist das Erfahrungs potenzial und damit der kostenwirksame Rationalisierungseffekt Unzulänglich keiten und Risiken reduzieren sich ent sprechend. Von diesen Vorteilen und dem möglichen Erfahrungsaustausch mit früheren Bauherrschaften können im Idealfall sowohl der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer profitieren.
Mit der Wahl des Grundstücks sind gleichzeitig auch die örtlich geltenden Bewilligungs auflagen (Ausnützung,Grenzabstände, Geschosshöhe, Dachform u. a.) hinsichtlich deren Vereinbarkeit mit dem favorisierten Haustyp abzuklären. Der Grundriss soll die persönlichen Anforderungen unter Beachtung der Himmels richtung und dem gewünschten Bezug zum Aussenraum berücksichtigen. Auch ist der Einordnung ins Quartier und gewissen architektonischen Grundsätzen Beachtung zu schenken. Letzteres
wird in der Branche oft sträflich vernach lässigt. Ein Haus hat eine nicht zu unterschätzende räumliche Auswirkung auf ein Quartier. Bei der Wahl des Haustyps ist man demnach als verantwortungs volle Bauherrschaft nicht einfach frei, sondern es sind nebst den baurechtlichen auch die räumlichen, visuellen Vorgaben des Grundstücks und der näheren Umgebung mit einzubeziehen.
TU-VERTRAG
Für die Erstellung eines Norm-, Typen- oder Fertighauses wird in der Regel ein sogenannter Totalunternehmervertrag (beinhaltet im Unterschied zum General unternehmer vertrag sämtliche Bauleistungen inkl. Planung)
abgeschlossen. Darin müssen insbesondere folgende Punkte klar und unmissverständlich geregelt werden:
- Preis (Grundpreis, Sonderwünsche, Änderungsmodalitäten
und Konditionen, Teuerungsregelung u. a.) - Baunebenkosten (Finanzierung, Versicherungen, Umgebungsarbeiten, Abgaben, Gebühren, Steuern)
- Termine, Zahlungsbedingungen, Eigenleistungen, Garantien usw.
- Absicherung von Vorauszahlungen (Anzahlungsgarantien)
- Absicherung gegen Nichterfüllung des Vertrages (Ausführungsgarantien), Bauhandwerkerpfandrechte (Verträge/Garantien)
- Absicherung gegen Terminüberschreitungen (Konventionalstrafen) u.a.
Wenn diese wichtigen Vertragsbestandteile mit einem qualifizierten Hersteller als Vertragspartner sauber definiert werden, kann ein Norm- oder Typenhaus eine echte Alternative zum Architekten haus darstellen. Klug ausgeschöpfte Rationalisierungs möglich keiten bringen in der Regel auch preisliche Vorteile.
Bei der Gesamtkostenermittlung, den sogenannten Anlagekosten, ist zu beachten, dass die Baunebenkosten, je nach Angebot und Hersteller, meist einen relativ hohen Anteil im Verhältnis zum Grundpreis ausmachen können. Um einen tatsächlichen Kostenvergleich zwischen verschiedenen Angeboten und konsequenterweise auch zu einem konventionell erstellten Architektenhaus herzustellen, sind folgende Punkte zu beachten:
- Lieferungs- und Leistungsumfang
- Art und Qualität der Konstruktionen, Verarbeitungsqualität
- Vollständigkeit und Standard der Ausstattung
- Eigenleistungen wie z. B. Kelleraushub, Malerarbeiten, Bodenbelagsarbeiten
- Umgebungsarbeiten, Baustelleninstallation usw.
- Erfüllung der eigenen Vorstellungen und Wünsche, architektonischer Anspruch
Ein Festpreis sollte nur unter der Voraussetzung umfassend geklärter Rahmenbedingungen als verbindlich vereinbart werden. Besichtigen Sie ein Musterhaus oder, noch wichtiger, sprechen Sie mit anderen Käufern. Nicht zuletzt empfiehlt sich auch beim Fertighaus der Beizug eines unabhängigen Baufachexperten, der insbesondere für den Vergleich zwischen einzelnen Optionen und bei der Überprüfung der vollständigen Vertrags unterlagen vor deren Unterzeichnung wertvolle Hilfe bieten kann.
Text: Pascal Lutz
Fachartikel als PDF: Traumhaus 1/2011