Eine Eigentumswohnung kaufen – was beachten?
Fachartikel HEV

Eine Eigentumswohnung kaufen – was beachten?

    Immobilienerwerb – Unabhängig von Marktlage und eigenem Budget stellt der Kauf von Stockwerkeigentum einige Anforderungen.

     

    Der Markt für Eigentumswohnungen boomt. Ein Ende dieses Trends ist, insbesondere auch aufgrund der tiefen Kapitalzinsen, nicht absehbar. So verlockend diese Wohnform erscheinen mag, der Teufel steckt wie so oft im Detail. Es muss daher nebst dem eigentlichen Kaufpreis auch auf die Verkaufs- und Objektgrundlagen geachtet werden. Die entscheidende Frage ist: Was kriege ich zu welchem Preis?

     

    KAUF AB PLAN
    Der sogenannte Kauf ab Plan ist beim Verkauf von Stockwerkeigentum üblich. Hierbei ist zu einem relativ frühen Zeitpunkt und auf Basis vergleichsweise rudimentärer Grundlagen ein Kaufvertrag zu beurkunden. Dies liegt im Interesse des Verkäufers, da dadurch dessen Investitionsrisiko reduziert und die Projektfinanzierung vereinfacht oder gar erst ermöglicht wird. Insbesondere bei intakter Nachfrage ist dies heute praktisch der Regelfall.

     

    VERKAUFSGRUNDLAGEN
    Die Erfahrung zeigt, dass vor allem für nicht Sachverständige ein zwei- felsfreies Verständnis der Verkaufsgrundlagen sehr schwierig ist. Oft werden Verträge in euphorischer Vorfreude über das zukünftige Eigenheim und blindem Vertrauen in die Verkäuferschaft abgeschlossen. Dies nicht zuletzt, weil viele Anbieter in eigenem Interesse und unter einer vermeintlich grossen Nachfrage zur schnellen Vertragsunterzeichnung drängen.
    Die Vertragsentwürfe und Beschriebe sind oft zu Ungunsten der Käuferschaft formuliert, d. h. im schlimmsten Fall, für welchen ein Vertrag am Ende ja abgeschlossen wird, müssen Projektrisiken und die damit einhergehenden, teilweise erheblichen Mehrkosten einseitig durch die Käuferschaft getragen werden. Die Hauptrisiken liegen dabei bei ungesicherten Zahlungen, den Garantie- und Mängelrechten und deren Durchsetzung sowie bei den Pfandrechten für Unternehmer- und Steuerforderungen. Für Laien nur schwer erkennbare Einschränkungen, wie beispielsweise zu tiefe Budgetpositionen oder Unvollständigkeiten im Projektbeschrieb, können zudem zu erheblichen Mehrkosten führen.
    Mit einer Prüfung der Vertragsunterlagen durch eine unabhängige Fachperson kann deren Inhalt geklärt und das Risikopotential aufgezeigt werden. Ob sich die Korrekturvorschläge zur Risikominderung auch bei der Verkäuferschaft durchsetzen lassen, hängt in hohem Masse von der Verhandlungsposition des Käufers ab. Oft wird hier versucht, das Recht zur individuellen Vertragsausgestaltung, etwa im Sinne von «wir machen mit allen Käufern die gleichen Verträge» einzuschränken oder im Bewusstsein einer grossen Nachfrage einseitige Vertragsbedingungen durchzusetzen.

     

    KAUF EINES BESTEHENDEN OBJEKTS
    Der Kauf einer bestehenden Eigentumswohnung  bietet  einen  entscheidenden Vorteil: Das Kaufobjekt lässt sich vorgängig besichtigen und nötigenfalls unter Beizug von Baufachexperten auch auf Herz und Nieren überprüfen.  Die  Verkaufsgrundlagen sind weniger umfangreich, da einige Grundlagen  nur  reduziert  oder  gar nicht benötigt werden. Auch der Kauf- vertrag kommt mit wesentlich weniger Regelungen aus. Hier  ist  unter anderem auf die Absicherung der oft nicht  unerheblichen Grundstücksgewinnsteuer zu  achten. Da für diese grundsätzlich das Grundstück haftet, ist  die  Zahlung  der  vom  Steueramt errechneten,  mutmasslichen Grundstückgewinnsteuer durch den Verkäufer sicherzustellen. Weiter sollten die aktuell gültigen  Reglemente sowie sämtliche Protokolle der bisherigen Stockwerkeigentümerversammlungen eingesehen werden. Dies, da alle bisherigen Entscheide der Eigentümergemeinschaft auch für spätere Käufer rechtsverbindlich sind. Aufschlussreich sind auch die Nebenkostenabrechnungen der letzten Jahre.
    Bestehende Liegenschaften werden üblicherweise «wie gesehen» gekauft und allfällige Garantieansprüche, soweit rechtlich zulässig, wegbedungen. Es ist daher unbedingt zu vermeiden, hier aus Höflichkeit oder Rücksicht auf die Vorbesitzer auf eine systematische Beurteilung der Bausubstanz zu verzichten. Letzteres erfordert umfangreiches Fachwissen und Erfahrung. Daher empfiehlt sich auch hier der Beizug eines Baufachexperten.
    Unter normalen Marktbedingungen können Altbauten zu einem günstigeren Preis erworben werden als vergleichbare Neubauten. Diese Preisdifferenz trägt der Altersentwertung respektive dem zu erwartenden Unterhaltsbedarf Rechnung. In diesem Zusammenhang ist vorgängig zu klären, ob ein Erneuerungsfonds besteht und über welche Einlagesumme dieser verfügt. Wenn nämlich schon nach wenigen Jahren die erste grössere Renovation ansteht und kein Erneuerungsfonds besteht, erweist sich das vermeintliche Schnäppchen als Kostenfalle. Selbstverständlich sind im Budget nicht nur diese periodischen Einlagen in den Erneuerungsfonds zu berücksichtigen, sondern auch die regelmässig anfallenden Nebenkosten für beispielsweise Energie, Entsorgungsgebühren oder Serviceverträge, respektive Wartungen und kleinere Reparaturen.

     

    LOHNENDER AUFWAND
    Der Aufwand für eine Vertragsprüfung oder eine gemeinsame Besichtigung durch einen Baufachexperten ist, in Relation zum Kaufpreis und zum Risikopotenzial dieses für viele Käufer grössten Geschäfts ihres Lebens, sicher gut investiertes Geld. Auch wenn sich aufgrund einer vielleicht ungünstigen Verhandlungsposition nur wenige Änderungen oder Preisminderungen durchsetzen lassen, ermöglicht die Prüfung zumindest eine bewusste Risikoabschätzung, was viele Käufer bereits ruhiger schlafen lässt.
    Text: Pascal Lutz

     

    Fachartikel als PDF: HEV 04/2012

    Fachartikel HEV

    Eine Eigentumswohnung kaufen – was beachten?

      Immobilienerwerb – Unabhängig von Marktlage und eigenem Budget stellt der Kauf von Stockwerkeigentum einige Anforderungen.

       

      Der Markt für Eigentumswohnungen boomt. Ein Ende dieses Trends ist, insbesondere auch aufgrund der tiefen Kapitalzinsen, nicht absehbar. So verlockend diese Wohnform erscheinen mag, der Teufel steckt wie so oft im Detail. Es muss daher nebst dem eigentlichen Kaufpreis auch auf die Verkaufs- und Objektgrundlagen geachtet werden. Die entscheidende Frage ist: Was kriege ich zu welchem Preis?

       

      KAUF AB PLAN
      Der sogenannte Kauf ab Plan ist beim Verkauf von Stockwerkeigentum üblich. Hierbei ist zu einem relativ frühen Zeitpunkt und auf Basis vergleichsweise rudimentärer Grundlagen ein Kaufvertrag zu beurkunden. Dies liegt im Interesse des Verkäufers, da dadurch dessen Investitionsrisiko reduziert und die Projektfinanzierung vereinfacht oder gar erst ermöglicht wird. Insbesondere bei intakter Nachfrage ist dies heute praktisch der Regelfall.

       

      VERKAUFSGRUNDLAGEN
      Die Erfahrung zeigt, dass vor allem für nicht Sachverständige ein zwei- felsfreies Verständnis der Verkaufsgrundlagen sehr schwierig ist. Oft werden Verträge in euphorischer Vorfreude über das zukünftige Eigenheim und blindem Vertrauen in die Verkäuferschaft abgeschlossen. Dies nicht zuletzt, weil viele Anbieter in eigenem Interesse und unter einer vermeintlich grossen Nachfrage zur schnellen Vertragsunterzeichnung drängen.
      Die Vertragsentwürfe und Beschriebe sind oft zu Ungunsten der Käuferschaft formuliert, d. h. im schlimmsten Fall, für welchen ein Vertrag am Ende ja abgeschlossen wird, müssen Projektrisiken und die damit einhergehenden, teilweise erheblichen Mehrkosten einseitig durch die Käuferschaft getragen werden. Die Hauptrisiken liegen dabei bei ungesicherten Zahlungen, den Garantie- und Mängelrechten und deren Durchsetzung sowie bei den Pfandrechten für Unternehmer- und Steuerforderungen. Für Laien nur schwer erkennbare Einschränkungen, wie beispielsweise zu tiefe Budgetpositionen oder Unvollständigkeiten im Projektbeschrieb, können zudem zu erheblichen Mehrkosten führen.
      Mit einer Prüfung der Vertragsunterlagen durch eine unabhängige Fachperson kann deren Inhalt geklärt und das Risikopotential aufgezeigt werden. Ob sich die Korrekturvorschläge zur Risikominderung auch bei der Verkäuferschaft durchsetzen lassen, hängt in hohem Masse von der Verhandlungsposition des Käufers ab. Oft wird hier versucht, das Recht zur individuellen Vertragsausgestaltung, etwa im Sinne von «wir machen mit allen Käufern die gleichen Verträge» einzuschränken oder im Bewusstsein einer grossen Nachfrage einseitige Vertragsbedingungen durchzusetzen.

       

      KAUF EINES BESTEHENDEN OBJEKTS
      Der Kauf einer bestehenden Eigentumswohnung  bietet  einen  entscheidenden Vorteil: Das Kaufobjekt lässt sich vorgängig besichtigen und nötigenfalls unter Beizug von Baufachexperten auch auf Herz und Nieren überprüfen.  Die  Verkaufsgrundlagen sind weniger umfangreich, da einige Grundlagen  nur  reduziert  oder  gar nicht benötigt werden. Auch der Kauf- vertrag kommt mit wesentlich weniger Regelungen aus. Hier  ist  unter anderem auf die Absicherung der oft nicht  unerheblichen Grundstücksgewinnsteuer zu  achten. Da für diese grundsätzlich das Grundstück haftet, ist  die  Zahlung  der  vom  Steueramt errechneten,  mutmasslichen Grundstückgewinnsteuer durch den Verkäufer sicherzustellen. Weiter sollten die aktuell gültigen  Reglemente sowie sämtliche Protokolle der bisherigen Stockwerkeigentümerversammlungen eingesehen werden. Dies, da alle bisherigen Entscheide der Eigentümergemeinschaft auch für spätere Käufer rechtsverbindlich sind. Aufschlussreich sind auch die Nebenkostenabrechnungen der letzten Jahre.
      Bestehende Liegenschaften werden üblicherweise «wie gesehen» gekauft und allfällige Garantieansprüche, soweit rechtlich zulässig, wegbedungen. Es ist daher unbedingt zu vermeiden, hier aus Höflichkeit oder Rücksicht auf die Vorbesitzer auf eine systematische Beurteilung der Bausubstanz zu verzichten. Letzteres erfordert umfangreiches Fachwissen und Erfahrung. Daher empfiehlt sich auch hier der Beizug eines Baufachexperten.
      Unter normalen Marktbedingungen können Altbauten zu einem günstigeren Preis erworben werden als vergleichbare Neubauten. Diese Preisdifferenz trägt der Altersentwertung respektive dem zu erwartenden Unterhaltsbedarf Rechnung. In diesem Zusammenhang ist vorgängig zu klären, ob ein Erneuerungsfonds besteht und über welche Einlagesumme dieser verfügt. Wenn nämlich schon nach wenigen Jahren die erste grössere Renovation ansteht und kein Erneuerungsfonds besteht, erweist sich das vermeintliche Schnäppchen als Kostenfalle. Selbstverständlich sind im Budget nicht nur diese periodischen Einlagen in den Erneuerungsfonds zu berücksichtigen, sondern auch die regelmässig anfallenden Nebenkosten für beispielsweise Energie, Entsorgungsgebühren oder Serviceverträge, respektive Wartungen und kleinere Reparaturen.

       

      LOHNENDER AUFWAND
      Der Aufwand für eine Vertragsprüfung oder eine gemeinsame Besichtigung durch einen Baufachexperten ist, in Relation zum Kaufpreis und zum Risikopotenzial dieses für viele Käufer grössten Geschäfts ihres Lebens, sicher gut investiertes Geld. Auch wenn sich aufgrund einer vielleicht ungünstigen Verhandlungsposition nur wenige Änderungen oder Preisminderungen durchsetzen lassen, ermöglicht die Prüfung zumindest eine bewusste Risikoabschätzung, was viele Käufer bereits ruhiger schlafen lässt.
      Text: Pascal Lutz

       

      Fachartikel als PDF: HEV 04/2012