Lüftungssysteme im Wohnungsbau – ein kontroverses Thema
Raumluft – Was steckt hinter Lüftungssystemen? Ist die Luft, die durch ein Lüftungssystem aufbereitet wird, auch wirklich sauber? Können die Fenster nicht mehr geöffnet werden? Möchte man wirklich so viel Technik installieren? Auf viele dieser Fragen gibt es nur bedingt klare Antworten. Auch aus diesem Grund werden Lüftungssysteme im Wohnungsbau noch immer gegensätzlich diskutiert.
Luft ist lebenswichtig – sie ist ein Lebensmittel wie Wasser und Nahrung. Frische Luft ist gesund und fördert das Wohlbefinden. Im Gegensatz dazu ist durch Abgase oder andere Emissionen belastete Luft negativ besetzt. Betreten wir einen Raum, erkennt unsere Nase gleich, ob die Luft verbraucht, abgestanden oder gar stickig ist. Mit anderen Worten: Die Luft ist ein Element, das uns ständig begleitet, unsere Lebensqualität beeinflusst und uns darum ein kostbares Gut sein sollte.
WARUM EIN LÜFTUNGSSYSTEM?
Mit seinen Tätigkeiten und seinem Stoffwechsel verursacht der Mensch «Nebenprodukte». Dies sind unter anderem CO2 beim Atmen sowie Wärme, Feuchtigkeit und Gerüche. All dies geben wir in die Luft ab. Zudem entsteht einerseits bei der Körperpflege (beim Duschen etc.) und andererseits beim Kochen Wasserdampf, der oft zu einem guten Teil in den Wohnungen verbleibt.
Gleichzeitig müssen Neubauten und Sanierungen, wenn sie die aktuellen Energievorschriften erfüllen wollen, über eine gute wärmegedämmte und dichte Gebäudehülle verfügen. Dadurch entsteht zwar innen eine höhere Oberflächentemperatur, was grundsätzlich das Risiko von Feuchteschäden entschärft, jedoch können die oben erwähnten «Nebenprodukte» kaum nach draussen entweichen. In vielen Haushalten sind die Bewohner tagsüber nicht zu Hause. Entstandene Feuchtigkeit in Kombination mit einer geschlossenen, dichten Gebäudehülle birgt insbesondere im Bereich von kalten, sprich unsachgemäss isolierten Innenstellen das Risiko von Schimmelbildung. Dies kann die Gesundheit gefährden, Schäden an der Bausubstanz verursachen und den Wert des Gebäudes vermindern. Werden Fenster während der Abwesenheit gekippt oder der berühmte «Spalt» offen gelassen, wird insbesondere im Winter nach draussen geheizt. Soll die Luftqualität in tagsüber bewohnten Haushalten gut sein, müssten dicht gebaute Wohnungen alle zwei bis drei Stunden gelüftet werden. Öffnet man jedoch die Fenster, ist man je nach Standort unangenehmen Immissionen ausgesetzt wie z. B. Lärm, Abgasen oder Pollen. Zudem kommt im Winter kalte und im Sommer warme Luft ins Gebäude. Wird nicht gelüftet, steigt unter anderem die CO2-Konzentration an. Bei einer zu hohen Konzentration ermüden wir, und unser Wohlbefinden wird beeinträchtigt.
Für Franz Sprecher, Leiter der Fachstelle Energie und Gebäudetechnik beim Amt für Hochbauten der Stadt Zürich, sprechen vor allem hygienische Gründe für den Einbau von Lüftungssystemen. Ist die Luft sauber und gut, sind Wohnungsbewohner, Schüler und Büromitarbeiter gesünder und leistungsfähiger. Dass dabei auch noch Energie gespart werden kann und mit dem Abführen von zu hoher Luftfeuchtigkeit die Bausubstanz geschützt wird, sind gern gesehene Nebeneffekte.
WIE FUNKTIONIEREN LÜFTUNGSSYSTEME?
Im Zusammenhang mit dem Minergie-Standard kommen heute verschiedene Lüftungssysteme zur Anwendung. Neben der automatischen Fensterlüftung, der einfachen Abluftanlage mit Nutzung der Abwärme und Systemen mit Einzelraum-Lüftungsgeräten mit Wärmerückgewinnung ist dies insbesondere die sogenannte Komfortlüftung. Die Komfortlüftung ist gemäss Professor Heinrich Huber, Dozent für Gebäudetechnik an der Hochschule Luzern, der «Königsweg» innerhalb der Systeme. Dennoch ist sie im Grunde ein «Lowtech-Produkt»: Sie saugt an einem geeigneten Ort Frischluft an, filtert sie, führt sie in die angeschlossenen Räume, saugt die verbrauchte Luft wieder ab, entnimmt ihr die Wärme und gibt sie am Ende wieder an die Aussenluft ab. Ein Prinzip, das bei Lüftungsanlagen von Automobilen gang und gäbe ist, und mit dem wir bestens vertraut sind. Hier akzeptieren wir einen technischen Ansatz und fragen uns kaum, wie die Luft tatsächlich aufbereitet wird.
WAS MÜSSEN LÜFTUNGEN KÖNNEN?
Lüftungssysteme werden auch heute noch «kontrollierte Lüftung», «mechanische Lüftung» oder gar «Zwangslüftung» genannt. Diese Begriffe wecken bei potenziellen Interessenten nicht nur positive Assoziationen. Bilder von verdreckten Luftkanälen lassen viele vom Einbau eines Lüftungssystems zurückschrecken. Heinrich Huber meint, dass das Thema Lüftung sehr «intim» besetzt sei. Menschen wollen wissen, woher die Luft komme, die sie einatmen. Im Zweifelsfall trauen sie einer Lüftung nicht, da nicht geprüft werden kann, ob die Luft auch wirklich gut ist.
Damit Lüftungssysteme akzeptiert werden, müssen die Fenster weiterhin geöffnet und die Anlagen individuell (z. B. pro Wohnung) gesteuert werden können. Zudem müssen Anlagen geräuschlos sein und keine Zugserscheinungen verursachen. Auch der Zustand der Kanäle muss sichtbar gemacht werden können. Dies wird vor allem durch gut zugängliche Anlageteile und Kanäle sowie regelmässige Kontrollmessungen der Luftqualität erreicht. Nur wo Schmutz und Feuchtigkeit respektive Wasser zusammenkommen, können Keime wachsen. Da die Luft in Haushalten meistens staubiger und fettiger ist als die Aussenluft, ist eine regelmässige Wartung von Filtern in Küchen und Bädern eine sinnvolle Unterhaltsmassnahme. Insgesamt ist bei Lüftungssystemen die Abluft für die Luftqualität jedoch bedeutend weniger relevant als die Zuluft. Aus diesem Grund ist hier darauf zu achten, dass die Aussenluft an einem geeigneten, nicht von Emissionen belasteten Ort angesogen wird.
ANTWORT AUF ERHÖHTE ENERGETISCHE ANFORDERUNGEN?
Seit der Ölkrise in den 1970er-Jahren hat sich das ökologische Bewusstsein auch in der Schweiz kontinuierlich geschärft. Dies manifestierte sich auch in verschiedenen Vorgaben für den Wärmebedarf von Neubauten. Lag der Wärmebedarf 1975 noch bei rund 22 l Heizöl-Äquivalent pro m2 Wohnraum, so sahen die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn) 1992 nur noch 12 l pro m2 vor. Heute liegen die freiwillig zu verfolgenden Minergie-Kennwerte von 2009 bei 3,8 l pro m2 und die in Vorbereitung befindlichen neuen MuKEn gehen von 3,5 l pro m2 aus. Ob diese oder andere Kennwerte durch stärkere thermische Isolation oder durch den Einsatz von Lüftungssystemen erreicht werden, muss sich erst noch zeigen. Da in der EU bald auch für Wohnungslüftungssysteme eine Energieetikette eingeführt wird, können potenzielle Kunden die verschiedenen Produkte besser miteinander vergleichen.
Auch wenn die Verschärfung der Energievorgaben den Einsatz von Lüftungssystemen vermutlich begünstigen wird, so verweist Franz Sprecher dennoch auf den Grundsatz, dass nur immer so viel Technik eingebaut werden soll, wie zur Erreichung der gesteckten Ziele nötig und wirtschaftlich sinnvoll ist. Gemäss Schätzungen von Experten haben rund 30 % oder ca. 15000 bis 20000 aller Neubauwohnungen eine Komfortlüftung. Im Sanierungsbereich sind es nur etwa 10 % der Wohnungen, bei denen eine Komfortlüftung eingebaut wird. Hier fehlt es unter anderem oftmals am Platz für die erforderlichen Installationen.
SAUBERE PLANUNG, UMSETZUNG SOWIE REGELMÄSSIGE WARTUNG
Wie in vielen Bereichen von Neubau- und Sanierungsprojekten ist ein schrittweises, zielorientiertes und konsequentes Vorgehen erforderlich. Ganz am Anfang steht die Ermittlung der Anforderungen an ein Lüftungssystem. Ist ein Auftraggeber gut informiert, kann er seine Bedürfnisse auch selbständig formulieren. Ist dies nicht der Fall, sollte er sich durch eine unabhängige Fachperson beraten lassen. Neubauvorhaben haben andere Rahmenbedingungen als Sanierungsprojekte. Insbesondere bei letzteren lohnt es sich, verschiedene Lüftungssysteme hinsichtlich ihrer technischen Eignung wie auch hinsichtlich eines guten Verhältnisses von Kosten und Nutzen zu prüfen.
Ist das Lüftungssystem gewählt und die Planung seriös erfolgt, ist ein Unternehmer zu wählen, dessen Monteure eine gute Einbauqualität erreichen. Um dies sicherzustellen, lohnt es sich, neben dem Preis auch Referenzen einzuholen. Eine weitere Hilfestellung bietet auch das Merkblatt «Leistungsgarantie Komfortlüftung» (siehe Kasten). Nach erfolgtem Einbau sind eine fachmännische Kontrolle respektive Abnahme sowie eine verständliche Instruktion unerlässlich. Deshalb sollte vom Planer und Unternehmer eine protokollierte Einregulierung und Sauberkeitskontrolle vereinbart werden. Schliesslich sind die Funktionstüchtigkeit einer Anlage und die Nutzerzufriedenheit direkt vom sachgemässen Betrieb abhängig.
Damit das Lüftungssystem seine Leistungsfähigkeit über die gesamte Lebensdauer erreichen kann, ist die Anlage regelmässig zu warten und zu unterhalten. Dies betrifft insbesondere die Filter, die mechanisch beweglichen Teile sowie die Einstellungen der Anlage. Auch dies erfordert nochmals Sorgfältigkeit und technisches Verständnis.
Zusammenfassend gilt: Gute Luft ist ein Lebensmittel, das Komfort und Wohlbehagen mit sich bringt. Lüftungssysteme können dazu beitragen, dass dies auch in Gebäuden der Fall ist. Grundsätzlich soll hierzu nur so viel Technik verwendet werden, wie sie für die Erreichung der gesteckten Ziele erforderlich ist. Erfolgsfaktoren dabei sind eine saubere Planung und Umsetzung sowie die regelmässige Wartung der Anlagen.
So funktioniert die Komfortlüftung: Frischluft wird angesaugt, gefiltert und in die Räume geführt. Die Lüftung saugt die verbrauchte Luft aus allen Räumen (nicht nur aus Küche und Bad) wieder ab, entnimmt ihr die Wärme und gibt sie an die Aussenluft ab.
Text: Martin Boda
Fachartikel als PDF: HEV 19/2015
Lüftungssysteme im Wohnungsbau – ein kontroverses Thema
Raumluft – Was steckt hinter Lüftungssystemen? Ist die Luft, die durch ein Lüftungssystem aufbereitet wird, auch wirklich sauber? Können die Fenster nicht mehr geöffnet werden? Möchte man wirklich so viel Technik installieren? Auf viele dieser Fragen gibt es nur bedingt klare Antworten. Auch aus diesem Grund werden Lüftungssysteme im Wohnungsbau noch immer gegensätzlich diskutiert.
Luft ist lebenswichtig – sie ist ein Lebensmittel wie Wasser und Nahrung. Frische Luft ist gesund und fördert das Wohlbefinden. Im Gegensatz dazu ist durch Abgase oder andere Emissionen belastete Luft negativ besetzt. Betreten wir einen Raum, erkennt unsere Nase gleich, ob die Luft verbraucht, abgestanden oder gar stickig ist. Mit anderen Worten: Die Luft ist ein Element, das uns ständig begleitet, unsere Lebensqualität beeinflusst und uns darum ein kostbares Gut sein sollte.
WARUM EIN LÜFTUNGSSYSTEM?
Mit seinen Tätigkeiten und seinem Stoffwechsel verursacht der Mensch «Nebenprodukte». Dies sind unter anderem CO2 beim Atmen sowie Wärme, Feuchtigkeit und Gerüche. All dies geben wir in die Luft ab. Zudem entsteht einerseits bei der Körperpflege (beim Duschen etc.) und andererseits beim Kochen Wasserdampf, der oft zu einem guten Teil in den Wohnungen verbleibt.
Gleichzeitig müssen Neubauten und Sanierungen, wenn sie die aktuellen Energievorschriften erfüllen wollen, über eine gute wärmegedämmte und dichte Gebäudehülle verfügen. Dadurch entsteht zwar innen eine höhere Oberflächentemperatur, was grundsätzlich das Risiko von Feuchteschäden entschärft, jedoch können die oben erwähnten «Nebenprodukte» kaum nach draussen entweichen. In vielen Haushalten sind die Bewohner tagsüber nicht zu Hause. Entstandene Feuchtigkeit in Kombination mit einer geschlossenen, dichten Gebäudehülle birgt insbesondere im Bereich von kalten, sprich unsachgemäss isolierten Innenstellen das Risiko von Schimmelbildung. Dies kann die Gesundheit gefährden, Schäden an der Bausubstanz verursachen und den Wert des Gebäudes vermindern. Werden Fenster während der Abwesenheit gekippt oder der berühmte «Spalt» offen gelassen, wird insbesondere im Winter nach draussen geheizt. Soll die Luftqualität in tagsüber bewohnten Haushalten gut sein, müssten dicht gebaute Wohnungen alle zwei bis drei Stunden gelüftet werden. Öffnet man jedoch die Fenster, ist man je nach Standort unangenehmen Immissionen ausgesetzt wie z. B. Lärm, Abgasen oder Pollen. Zudem kommt im Winter kalte und im Sommer warme Luft ins Gebäude. Wird nicht gelüftet, steigt unter anderem die CO2-Konzentration an. Bei einer zu hohen Konzentration ermüden wir, und unser Wohlbefinden wird beeinträchtigt.
Für Franz Sprecher, Leiter der Fachstelle Energie und Gebäudetechnik beim Amt für Hochbauten der Stadt Zürich, sprechen vor allem hygienische Gründe für den Einbau von Lüftungssystemen. Ist die Luft sauber und gut, sind Wohnungsbewohner, Schüler und Büromitarbeiter gesünder und leistungsfähiger. Dass dabei auch noch Energie gespart werden kann und mit dem Abführen von zu hoher Luftfeuchtigkeit die Bausubstanz geschützt wird, sind gern gesehene Nebeneffekte.
WIE FUNKTIONIEREN LÜFTUNGSSYSTEME?
Im Zusammenhang mit dem Minergie-Standard kommen heute verschiedene Lüftungssysteme zur Anwendung. Neben der automatischen Fensterlüftung, der einfachen Abluftanlage mit Nutzung der Abwärme und Systemen mit Einzelraum-Lüftungsgeräten mit Wärmerückgewinnung ist dies insbesondere die sogenannte Komfortlüftung. Die Komfortlüftung ist gemäss Professor Heinrich Huber, Dozent für Gebäudetechnik an der Hochschule Luzern, der «Königsweg» innerhalb der Systeme. Dennoch ist sie im Grunde ein «Lowtech-Produkt»: Sie saugt an einem geeigneten Ort Frischluft an, filtert sie, führt sie in die angeschlossenen Räume, saugt die verbrauchte Luft wieder ab, entnimmt ihr die Wärme und gibt sie am Ende wieder an die Aussenluft ab. Ein Prinzip, das bei Lüftungsanlagen von Automobilen gang und gäbe ist, und mit dem wir bestens vertraut sind. Hier akzeptieren wir einen technischen Ansatz und fragen uns kaum, wie die Luft tatsächlich aufbereitet wird.
WAS MÜSSEN LÜFTUNGEN KÖNNEN?
Lüftungssysteme werden auch heute noch «kontrollierte Lüftung», «mechanische Lüftung» oder gar «Zwangslüftung» genannt. Diese Begriffe wecken bei potenziellen Interessenten nicht nur positive Assoziationen. Bilder von verdreckten Luftkanälen lassen viele vom Einbau eines Lüftungssystems zurückschrecken. Heinrich Huber meint, dass das Thema Lüftung sehr «intim» besetzt sei. Menschen wollen wissen, woher die Luft komme, die sie einatmen. Im Zweifelsfall trauen sie einer Lüftung nicht, da nicht geprüft werden kann, ob die Luft auch wirklich gut ist.
Damit Lüftungssysteme akzeptiert werden, müssen die Fenster weiterhin geöffnet und die Anlagen individuell (z. B. pro Wohnung) gesteuert werden können. Zudem müssen Anlagen geräuschlos sein und keine Zugserscheinungen verursachen. Auch der Zustand der Kanäle muss sichtbar gemacht werden können. Dies wird vor allem durch gut zugängliche Anlageteile und Kanäle sowie regelmässige Kontrollmessungen der Luftqualität erreicht. Nur wo Schmutz und Feuchtigkeit respektive Wasser zusammenkommen, können Keime wachsen. Da die Luft in Haushalten meistens staubiger und fettiger ist als die Aussenluft, ist eine regelmässige Wartung von Filtern in Küchen und Bädern eine sinnvolle Unterhaltsmassnahme. Insgesamt ist bei Lüftungssystemen die Abluft für die Luftqualität jedoch bedeutend weniger relevant als die Zuluft. Aus diesem Grund ist hier darauf zu achten, dass die Aussenluft an einem geeigneten, nicht von Emissionen belasteten Ort angesogen wird.
ANTWORT AUF ERHÖHTE ENERGETISCHE ANFORDERUNGEN?
Seit der Ölkrise in den 1970er-Jahren hat sich das ökologische Bewusstsein auch in der Schweiz kontinuierlich geschärft. Dies manifestierte sich auch in verschiedenen Vorgaben für den Wärmebedarf von Neubauten. Lag der Wärmebedarf 1975 noch bei rund 22 l Heizöl-Äquivalent pro m2 Wohnraum, so sahen die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn) 1992 nur noch 12 l pro m2 vor. Heute liegen die freiwillig zu verfolgenden Minergie-Kennwerte von 2009 bei 3,8 l pro m2 und die in Vorbereitung befindlichen neuen MuKEn gehen von 3,5 l pro m2 aus. Ob diese oder andere Kennwerte durch stärkere thermische Isolation oder durch den Einsatz von Lüftungssystemen erreicht werden, muss sich erst noch zeigen. Da in der EU bald auch für Wohnungslüftungssysteme eine Energieetikette eingeführt wird, können potenzielle Kunden die verschiedenen Produkte besser miteinander vergleichen.
Auch wenn die Verschärfung der Energievorgaben den Einsatz von Lüftungssystemen vermutlich begünstigen wird, so verweist Franz Sprecher dennoch auf den Grundsatz, dass nur immer so viel Technik eingebaut werden soll, wie zur Erreichung der gesteckten Ziele nötig und wirtschaftlich sinnvoll ist. Gemäss Schätzungen von Experten haben rund 30 % oder ca. 15000 bis 20000 aller Neubauwohnungen eine Komfortlüftung. Im Sanierungsbereich sind es nur etwa 10 % der Wohnungen, bei denen eine Komfortlüftung eingebaut wird. Hier fehlt es unter anderem oftmals am Platz für die erforderlichen Installationen.
SAUBERE PLANUNG, UMSETZUNG SOWIE REGELMÄSSIGE WARTUNG
Wie in vielen Bereichen von Neubau- und Sanierungsprojekten ist ein schrittweises, zielorientiertes und konsequentes Vorgehen erforderlich. Ganz am Anfang steht die Ermittlung der Anforderungen an ein Lüftungssystem. Ist ein Auftraggeber gut informiert, kann er seine Bedürfnisse auch selbständig formulieren. Ist dies nicht der Fall, sollte er sich durch eine unabhängige Fachperson beraten lassen. Neubauvorhaben haben andere Rahmenbedingungen als Sanierungsprojekte. Insbesondere bei letzteren lohnt es sich, verschiedene Lüftungssysteme hinsichtlich ihrer technischen Eignung wie auch hinsichtlich eines guten Verhältnisses von Kosten und Nutzen zu prüfen.
Ist das Lüftungssystem gewählt und die Planung seriös erfolgt, ist ein Unternehmer zu wählen, dessen Monteure eine gute Einbauqualität erreichen. Um dies sicherzustellen, lohnt es sich, neben dem Preis auch Referenzen einzuholen. Eine weitere Hilfestellung bietet auch das Merkblatt «Leistungsgarantie Komfortlüftung» (siehe Kasten). Nach erfolgtem Einbau sind eine fachmännische Kontrolle respektive Abnahme sowie eine verständliche Instruktion unerlässlich. Deshalb sollte vom Planer und Unternehmer eine protokollierte Einregulierung und Sauberkeitskontrolle vereinbart werden. Schliesslich sind die Funktionstüchtigkeit einer Anlage und die Nutzerzufriedenheit direkt vom sachgemässen Betrieb abhängig.
Damit das Lüftungssystem seine Leistungsfähigkeit über die gesamte Lebensdauer erreichen kann, ist die Anlage regelmässig zu warten und zu unterhalten. Dies betrifft insbesondere die Filter, die mechanisch beweglichen Teile sowie die Einstellungen der Anlage. Auch dies erfordert nochmals Sorgfältigkeit und technisches Verständnis.
Zusammenfassend gilt: Gute Luft ist ein Lebensmittel, das Komfort und Wohlbehagen mit sich bringt. Lüftungssysteme können dazu beitragen, dass dies auch in Gebäuden der Fall ist. Grundsätzlich soll hierzu nur so viel Technik verwendet werden, wie sie für die Erreichung der gesteckten Ziele erforderlich ist. Erfolgsfaktoren dabei sind eine saubere Planung und Umsetzung sowie die regelmässige Wartung der Anlagen.
So funktioniert die Komfortlüftung: Frischluft wird angesaugt, gefiltert und in die Räume geführt. Die Lüftung saugt die verbrauchte Luft aus allen Räumen (nicht nur aus Küche und Bad) wieder ab, entnimmt ihr die Wärme und gibt sie an die Aussenluft ab.
Text: Martin Boda
Fachartikel als PDF: HEV 19/2015